Frank Seifert, Vorsitzender des Gewerberinges Stadtzukunft und Geschäftsführer der AVI GmbH, wechselte gestern für einen Tag den Job und schrieb für das Hoyerswerdaer Tageblatt.
Quelle: SZ-Online (24.11.2015), Frank Seifert: “Der neue Citymanager arbeitet seit Anfang Oktober dieses Jahres für die Altstadt Hoyerswerda. Parallel dazu gab der Oberbürgermeister bekannt, nun auch eine Stelle für einen Wirtschaftsförderer neu zu schaffen. Dazu gab es nicht nur im Stadtrat eine kontroverse Diskussion, letztlich mit dem Ergebnis, mit Beginn des neuen Jahres auch diese Stelle direkt in der Stadtverwaltung neu zu besetzen.
Was bedeutet das und wieso braucht Hoyerswerda beide Personen? Schaut man auf die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt, dann werden schnell zwei Dinge klar. Auf der einen Seite ist die Stadt selbst kein klassischer Standort für Industrie und Gewerbe, andererseits bietet Hoyerswerda hervorragende weiche Standortfaktoren, die andere vergleichbar große Städte kaum zu bieten haben. Freiberg oder Riesa machen es vor. Eine gute städtische Infrastruktur im Bereich Kultur, Bildung und Tourismus bedingt eine starke Wirtschaft. Diese wiederum braucht in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels nicht nur gute Arbeitsplätze, sondern auch ein attraktives Umfeld zum Leben, welches im Wettbewerb innerhalb der Region gut vermarktet werden muss.
Doch wo kann ein neuer Wirtschaftsförderer nun konkret anpacken? Zunächst braucht das Thema ein klares Konzept. Dieses muss sich an den Stärken der Stadt und den Zukunftsbranchen orientieren. Hier sei auf vier der zehn Zukunftsprojekte der Bundesregierung verwiesen (siehe auch www.hightech-strategie.de). Da wäre zunächst der „intelligente Umbau der Energieversorgung“. Hoyerswerda ist bundesweit ein Musterbeispiel der Kraft-Wärme-Kopplung. Fernwärmeinfrastruktur und Unternehmen, welche diese Technologie weltweit vermarkten, prägen die Stadt und das Umland. Darauf kann aufgebaut werden – zum Beispiel mit der Vermarktung von Flächen in den ehemaligen WK VIII, IX und X zur wirtschaftlichen Nutzung der vorhandenen Wärmeinfrastruktur für Gewächshäuser oder Biotechnologien.
„Auch im Alter ein selbstbestimmtes Leben führen“ ist ein Zukunftsprojekt, für das es in unserer Stadt einen Bedarf, mit dem Seenland-Klinikum einen starken Partner und viel Spielraum für wirtschaftliche Ansiedlungen gibt, die sich diesem Thema widmen. Inzwischen hat die Gesundheitswirtschaft deutschlandweit mehr als 10 Prozent Anteil am BIP und die Themen Biotechnologie, Pharmazie und Medizintechnik verzeichnen überproportionales Wachstum.
„Internetbasierte Dienste für die Wirtschaft“ und „Industrie 4.0“ sind zwei sehr verzahnte Themen, die die Bundesregierung auf die Agenda gesetzt hat. Die ZuseExpo vor einigen Wochen war ein Anfang. IT braucht keine Autobahnanbindung, IT braucht eine gute Bildungslandschaft und ein attraktives Lebensumfeld, beides hat unsere Stadt zu bieten.
An diesen Beispielen wird schnell klar, es muss eine Person, besser noch ein kleiner Stab von Personen da sein, der sich mit diesen Themen täglich beschäftigt. Wirtschaftsförderung heißt, viele Eisen im Feuer zu haben, die Zukunftsthemen rechtzeitig anzugehen und mit Rückschlägen zu rechnen und nicht jedes Mal die Aktivität generell infrage zu stellen. Die Wirtschaft zu fördern heißt aber auch, die bestehenden Unternehmen zu stärken, zu vernetzen und die regionalen Akteure regelmäßig zu kontaktieren.
Neue Unternehmen lockt man aber nicht nur mit wirtschaftlichen harten Fakten, sondern zunehmend auch mit der Aussicht auf ausreichend vorhandene, gut qualifizierte Arbeitskräfte. Diese wiederum suchen ein gutes Wohnumfeld, bezahlbaren Wohnraum, reichhaltige kulturelle Angebote, eine gute Kinderbetreuung, gute Schulen, kurzum sie suchen nach einem Lebensmittelpunkt, der attraktiv ist und Heimat sein kann, auf die man stolz ist.
All das kann Hoyerswerda heute schon bieten, außerhalb der Stadt wissen es leider nur zu wenige. Hier kommt es also darauf an, Hoyerswerda als eine Stadt mit positiven Nachrichten, basierend auf positiven Fakten, zu präsentieren. Das gilt für Alt- und Neustadt. Und es muss über die Stadtgrenzen hinweg geschehen.
Eine wesentliche Aufgabe ist es dabei, die vielen einzelnen Ideen der unterschiedlichsten Akteure zu bündeln, selbst solche einzubringen und somit aktives Stadtmarketing zu betreiben. Es kommt also darauf an, die Aktivitäten in der „City“ zu managen. Dazu bedarf es konkreter Projekte. Die ersten Vorschläge für das Jahr 2016 präsentiert der Citymanager noch in dieser Woche dem Gewerbering Stadtzukunft. Danach wird man sehen, was sich davon umsetzen lässt.”